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"Innerhalb unseres globalen Netzwerks ist China strategisch am wichtigsten" - Jemmy Wu

28.10.2022
ZJG Birds Eye View

 

Der in der Schweiz ansässige Logistikdienstleister Bertschi wurde in den 1950er Jahren als kleines Familienunternehmen gegründet. Heute beschäftigt das Unternehmen über 3’200 Mitarbeitende in 39 Ländern. Die neueste Investition des Unternehmens ist ein neues Chemielogistikzentrum in Zhangjiagang, in der Nähe von Shanghai. Jemmy Wu, Niederlassungsleiterin Bertschi China, erklärt uns, was Bertschi mit der neuen Anlage geplant hat.

 

Dieser Artikel wurde zuerst von der Schweizerisch-Chinesischen Handelskammer in Shanghai veröffentlicht.

 

Bertschi hat vor kurzem den Bau seines neuen Chemielogistikzentrums in Zhangjiagang in der Nähe von Shanghai abgeschlossen. Können Sie uns etwas mehr über zu den Überlegungen von Bertschi bezüglich der Standortwahl, der Grösse des Hubs und zum Klientel, welches Bertschi mit der neuen Anlage bedienen will, erzählen?
 
Für die Wahl von Zhangjiagang haben wir eine umfassende Analyse verschiedener Faktoren durchgeführt. Aber es gibt drei Schlüsselfaktoren:
 
Erstens gibt es im Yangtze River (International Chemical Park in Zhangjiagang) viele internationale Chemieproduzenten wie Dow, Wacker, Olin, Infineum, Firmenich usw., die sehr wichtige Kunden für die Bertschi-Gruppe und potenzielle Kunden für Bertschi Zhangjiagang sind. Es ist unser Ziel, unseren Kunden Lösungen von Tür zu Tür anzubieten. Ein regionales Chemical Liquids Hub ist ein wichtiger Eckpfeiler in unserem globalen Netzwerk.
 
Zweitens ist Zhangjiagang ein wichtiger Standort für den Binnenschiffsverkehr mit einem Hafen für Gefahrgutcontainer. Ähnlich wie Duisburg in Europa, wo Bertschi ebenfalls eine intermodale Logistikdrehscheibe betreibt. Als führendes Chemielogistikunternehmen im intermodalen Verkehr sieht Bertschi den Gefahrgutcontainerhafen in Zhangjiagang als einen weiteren wichtigen Faktor für eine langfristig grüne und nachhaltige Logistik. Dadurch wird vermieden, dass gefährliche Produkte auf der Strasse durch das dicht besiedelte und stark verkehrsbelastete Gebiet von Shanghai transportiert werden. Darüber hinaus verfügt der Hinterlandmarkt des Jangtse-Flussbeckens über ein Marktpotenzial von 400 Millionen Menschen, die etwa 40 % des chinesischen BIP erwirtschaften.

 


 


 
Der dritte Grund ist, dass die lokalen Behörden in Zhangjiagang über umfangreiche Erfahrungen mit der chemischen Industrie verfügen und sehr wohl verstehen, wie wichtig es für den Chemiepark ist, über ein professionelles, integriertes Chemielogistikzentrum von hohem Standard zu verfügen. Es wird den Standard des Sicherheitsmanagements vor Ort verbessern und dadurch mehr potenzielle internationale Chemieproduzenten anziehen. Die Unterstützung durch die lokalen Behörden ist definitiv ein wichtiger Faktor für jede Investition im Chemiesektor Chinas, der berücksichtigt werden muss.
 
Unser Logistikzentrum in Zhangjiagang erstreckt sich über eine Fläche von 62 400 m2 und umfasst ein Lager der Klasse A/B/C, ein Lager für beladene Schüttgut-Container einschliesslich Heizung und eine Fassabfüllanlage, die unseren Kunden, den internationalen und inländischen Chemieherstellern, die hohe Sicherheits- und Serviceanforderungen stellen, integrierte Logistikdienstleistungen ermöglicht.


 
«Zhangjiagang ist die grösste Einzelinvestition in unserer Geschichte und die erste

Infrastrukturinvestition für Bertschi auf dem chinesischen Markt.»

 


 


Wie haben sich die COVID-bedingten Einschränkungen auf den Bau des Logistikzentrums ausgewirkt? Haben sie zu Verzögerungen geführt oder konnte der Bau mehr oder weniger planmässig durchgeführt werden?
 
Die COVID-bedingten Einschränkungen haben sich auf den Bauprozess ausgewirkt. Dank der Kreativität und des Engagements unseres Teams in Zhangjiagang, der hervorragenden Unterstützung der Behörden und unserer Projektpartner kam es jedoch nur zu einer Verzögerung von wenigen Wochen und wir konnten den Probebetrieb fast wie geplant aufnehmen.
 
 

Laut Medienberichten hat Bertschi für den neuen Hub in Zhangjiagang rund 45 Mio. USD ausgegeben, was gleichzeitig die grösste Investition in der Firmengeschichte war. Was sind Ihre Pläne für die nächsten Jahre in China angesichts dieser Grossinvestition?
 
Ja es ist die grösste Einzelinvestition in unserer Geschichte und die erste Infrastrukturinvestition für Bertschi auf dem chinesischen Markt.
 
Seit Bertschi 2012 mit der globalen Expansion begonnen hat, spielt der Weltmarkt für die Bertschi-Gruppe eine wichtige Rolle und trägt heute zu mehr als einem Drittel des Umsatzes bei. Unser Ziel ist es, diesen Anteil bis 2026 auf 50 Prozent zu steigern. Innerhalb unseres globalen Netzwerks ist China strategisch am wichtigsten.
 
Unsere Strategie auf dem chinesischen Markt ist langfristig ausgerichtet. Unser Ziel für die Investition in Zhangjiagang ist es, unseren Kunden unseren hohen globalen Sicherheitsstandard, höchste Qualität und weltweit zuverlässige Supply-Chain-Lösungen anzubieten. Die Logistikzentrale von Bertschi in Zhangjiagang soll zum Benchmark in der chinesischen Chemie-Logistik werden und damit eine solide Grundlage für die Weiterentwicklung von Bertschi auf dem chinesischen Markt schaffen.
 


 

Wie organisieren Sie den Transport der flüssigen Chemieprodukte Ihrer Kunden in China? Gibt es ein etabliertes intermodales Transportsystem für solche Güter? Wie funktioniert das und wer sind Ihre Logistikpartner? Werden wir bald Bertschi-Züge mit Ihrem auffälligen Logo auf dem chinesischen Schienennetz sehen?
 

Im Vergleich zu Europa ist der intermodale Verkehr, insbesondere der Schienentransport von gefährlichen Chemiegütern, in China sehr begrenzt. Der grösste Teil der chemischen Transporte erfolgt in China immer noch auf der Strasse und auf dem Seeweg.
 
Als Pionier im alpenquerenden intermodalen Verkehr ist Bertschi führend, wenn es um Nachhaltigkeit im Güterverkehr geht. Bertschi war 2011 das erste Unternehmen, das ISO-Tanks auf einer reinen Bahnstrecke zwischen Europa und China transportierte. Auch am Projekt "The Belt and Road" ist Bertschi aktiv beteiligt und liefert seit 2015 kontinuierlich flüssige Chemikalien auf der Schiene von China nach Deutschland. Im Jahr 2017 trat ein mit 82 Bertschi ISO-Tanks beladener Zug die lange Reise von Korla in Westchina nach Europa an und legte dabei innerhalb von 18 Tagen eine Strecke von 8.000 Kilometern durch 7 Länder zurück.
 
In China kooperieren wir mit unserem Partner Hupac, um Kunden intermodale Logistiklösungen für chemische Güter anzubieten.
 
Auch in China wird der intermodale Transport immer wichtiger, weil er sicherer und nachhaltiger ist. Bertschi ist bereit, diese Entwicklung mit seinem Know-how zu unterstützen, wo immer dies möglich ist.


 
«Bertschi hat sich auch aktiv am Projekt The Belt and Road

beteiligt durch die Lieferung von flüssigen Chemikalien von China nach

Deutschland, welche seit 2015 auf der Schiene transportiert werden.»


 
 

China ist ein riesiger Markt, aber auch ein sehr wettbewerbsintensiver. Wie kann Bertschi da mithalten und wer sind Ihre klassischen Kunden?
 
Unsere Kunden sind internationale und nationale Chemieproduzenten, die hohe Sicherheits- und Serviceanforderungen haben.
 
Bertschi ist ein internationaler Chemielogistikdienstleister, der in 39 Ländern mit 79 Tochtergesellschaften präsent ist. Wir verfügen über 30 Terminals wie das in Zhangjiagang, die ganz Europa, den Mittleren Osten und Asien abdecken. Mit einem derart umfangreichen eigenen Logistiknetzwerk sind wir in der Lage, unseren Kunden weltweit eine "One-Stop-Shop"-Lösung anzubieten. Kunden brauchen nur einen Ansprechpartner bei Bertschi, um die gesamte globale Lieferkette zu managen, anstelle verschiedener Lieferanten und der jeweiligen Schnittstellen. Wir unterstützen unsere Kunden auf dem Weg zu einer effektiveren und effizienteren Lieferkette.
 
Unser Hub in Zhangjiagang ist in der Lage, integrierte Logistikdienstleistungen anzubieten. Zum Beispiel importierten Kunden früher in IBCs oder Fässern von Europa nach China und distribuierten diese dann im Inland. Mit Hilfe des Bertschi-Netzwerks kann der Kunde das Produkt in Isotanks mit hoher Nutzlast und niedrigen Kosten von Europa nach China transportieren. Nach der Ankunft in unserem Bertschi-Hub Zhangjiagang können wir den Isotank lagern und dann an den Endkunden ausliefern oder auf Wunsch des Endkunden in kleinere Mengen (z.B. Fässer, IBCs) umfüllen.
 
Die Lagerung in der Nähe der Endkunden bietet Versorgungssicherheit und pünktliche Lieferung, die Umverpackung zu einem möglichst späten Zeitpunkt in der Lieferkette vermeidet unnötige Kosten. Auf diese Weise werden für den Kunden einerseits die Kosten für die gesamte Lieferkette reduziert und andererseits die Flexibilität zur Deckung des kurzfristigen Marktbedarfs erhöht.
 
Natürlich waren hohe Sicherheitsstandards und Kundenservice schon immer der Schlüssel für den Erfolg von Bertschi und unser Hub in Zhangjiagang wird diese Unternehmenskultur der Bertsch-Gruppe weiterführen und von unseren Tochtergesellschaften lernen.

 

Wie wichtig ist die Digitalisierung für Bertschi und die Branche im Allgemeinen? Wie nutzt Bertschi die digitalen Werkzeuge für seine Tätigkeit und die Kommunikation mit den Kunden in China?
 
Bei Bertschi sind wir stets angehalten innovativ zu sein und intelligente Lösungen, sowie Methoden zu entwickeln, welche einen Mehrwert für unsere Kunden schaffen und die
 
Effizienz und Leistungsfähigkeit steigern. Mit dem Wandel in der chemischen Industrie wächst auch der Bedarf an Prozessdigitalisierung. Eine der häufigsten Kundenerwartungen ist heutzutage ein Rund-um-die-Uhr-Überblick über den Auftragsstatus, die voraussichtliche Lieferzeit (ETA), die Liefergenauigkeit und die genauen Lagerbestände.
 
Bertschi investiert mehrere Millionen Schweizer Franken in die Digitalisierung. Bertschi verfügt über eigene IT-Plattformen und entwickelt diese laufend weiter. Unser Hub in Zhangjiagang wird über das Bertschi-eigene ERP-System Cargoweb verwaltet, welches vollständig an die chinesischen Standards und Vorschriften angepasst ist. Es umfasst verschiedene Module wie OMS, WMS, TMS, YMS, Heizen und Drumming usw. Mit diesem System sind wir in der Lage, direkt mit den Softwaresystemen unserer Kunden zu kommunizieren, um deren und unsere Effizienz und Effektivität zu steigern.
 
Interview von Peter Bachmann, Executive Director von SwissCham Shanghai. Für Fragen und Anregungen wenden Sie sich bitte per E-Mail an Peter: p.bachmann@sha.swisscham.org  

 

 

Jemmy Wu schloss die UIBE mit einem Bachelor in Wirtschaftswissenschaften ab und erlangte einen Master-Abschluss an der ESB, Reutlingen und an der Lancaster University. Jemmy nahm an Austausch- und Schulungsprogrammen für Manager aus dem EU- und dem chinesischen Raum teil und studierte verschiedene Fachgebiete an renommierten Wirtschaftsschulen in Europa.

Seit ihrer ersten Anstellung bei Siemens hat Jemmy Wu eine Karriere in deutschsprachigen Unternehmen, sowohl bei multinationalen Konzernen, als auch bei kleinen und mittleren Unternehmen in China und in Deutschland verfolgt. Im Jahr 2016 stiess Jemmy Wu zu Bertschi als Niederlassungsleiterin China, BU Solutions. Bertschi ist ein professionelles Chemielogistikunternehmen mit Hauptsitz in Dürrenäsch, Schweiz. Vor kurzem hat Bertschi die erste Investition in China getätigt und ein Logistikzentrum für Chemikalien in Zhangjiagang errichtet, das im August 2022 in Betrieb genommen wurde.

Jemmy Wu ist verheiratet und hat einen 11-jährigen Sohn. In ihrer Freizeit reist sie gerne und liebt das Lesen.

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