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Hans-Jörg Bertschi: Unser exekutiver Verwaltungsratspräsident spricht über den Weg zu einer klimaneutralen Logistik

16.08.2021
Containers on Train


Die Menschheit verbraucht sehr viel fossile Energien wie Öl und Kohle. Damit steigt der CO2-Gehalt in der Atmosphäre, die Erde erwärmt sich. An der Klimakonferenz Paris haben sich 195 Staaten 2015 in einem Abkommen verpflichtet, ihre Treibhausgas-Emissionen abzubauen.

Damit soll die globale Erwärmung im Vergleich zur vorindustriellen Welt auf deutlich unter 2 Grad Celsius begrenzt werden. Das Abkommen ist in Umsetzung. Etwa in der Seeschifffahrt, für welche der IMO-Klimaausschuss letztes Jahr beschlossen hat, bis 2030 den CO2-Ausstoss um 40 Prozent zu senken. Das mit alternativen Treibstoffen wie verflüssigtem Erdgas (LNG) oder Wasserstoff.

Ihren CO2-Fussabdruck am meisten beeinflussen kann unsere Firma im europäischen Landverkehr. Die Europäische Union hat 2019 den sog. Green Deal beschlossen. Mit diesem will die EU als Ganzes bis 2050 netto Null Treibhausgase ausstossen. Europa soll der erste klimaneutrale Kontinent werden. Der Transportsektor verantwortet 25% der Treibhausgase Europas. Im Gegensatz zur Industrie und den Haushalten ist im Transport der Trend nur wenig rückläufig. Im Land-Gütertransport stammen 99% der CO2-Emissionen vom LKW und 1% von der Schiene, obwohl letzter mehr als 10% Marktanteil hat.

 

Zahlen basierend auf Publikation der EU-Kommission 'The European Green Deal - Sustainable mobility (2019)'

 

90% weniger Treibhausgase im EU-Transport bis 2050

In der EU sollen die Treibhausgase des Verkehrs bis 2050 um 90% reduziert werden. Sie will dieses Ziel mit neuen „zero-emission“ Technologien und Verlagerungen auf klimaschonende Verkehrsträger erreichen. Der Marktanteil der Schiene soll verdoppelt werden. Bertschi fährt heute schon 90% aller Europa-Landtransporte im kombinierten Verkehr auf der Schiene und ist damit dieser Entwicklung voraus. Der KV durch die Schweiz gilt bereits als „zero-emission“, da der elektrische Strom für die Loks durch die Schweiz zu 100% aus nicht-fossilen Quellen (Wasser, Sonne, Wind, Atomstrom) stammt. Mit der Verlagerung auf die Schiene reduziert Bertschi die CO2-Emissionen ihrer Transporte jährlich um 300‘000 Tonnen. Das entspricht dem Gesamtausstoss einer Stadt mit 70‘000 Einwohnern.

 

Zahlen basierend auf Publikation der EU-Kommission 'Seventh monitoring report on the development of the rail market (2021)'

 

Wasserstoff-LKW‘s ermöglichen klima­neutrale Transportketten

Das nächste Klimaziel der Firma sind door-door Transportketten mit Null CO2-Emissionen, inklusive Strassenvor- und -nachlauf. Wir setzen dabei auf die Wasserstoff-Technologie mit Brennstoffzellen. Mit erneuerbarer Energie erzeugter, sogenannter „grüner Wasserstoff“ (H2), ermöglicht den Betrieb von Lastwagen mit Null CO2-Emissionen. Wir bereiten uns auf die Lieferung der ersten 40/44 Tonnen H2-Zugmaschinen in etwa 3 Jahren für einen Pilot-Betrieb in der Schweiz vor. 

Nach einer erfolgreichen Pilotierung ist u.a. im KV-Terminal Birrfeld (Schweiz) auch eine eigene Wasserstoff-Tankstelle möglich. Der Wasserstoff soll mit Sonnenenergie und mit Strom, der zu Überschuss-Zeiten aus Wasserkraft anfällt, erzeugt werden. Stromüberschüsse lassen sich nicht „lagern“, sie müssen ohne Nutzen „vernichtet“ werden. Die Energie des Stroms kann jedoch in Wasserstoff „eingelagert“ und in der Brennstoffzelle des LKW wieder in Strom für den Antrieb umgewandelt werden. 

Die ersten klimaneutralen Transportketten made by Bertschi können so schon in naher Zukunft Realität werden. Für konsumnahe Kunden wir P&G oder Unilever ist klimaneutrale Logistik bereits heute ein Mehrwert. Und auch Kunden der Chemischen Industrie setzen vermehrt auf logistische Klimaziele.
 

 

 

 

Klimarisiken und Herausforderungen für Gesellschaft

Wo liegen die gesellschaftlichen Herausforderungen zur Bewältigung der Klimarisken? Die sich entwickelnden Länder der Welt sind darauf angewiesen, schnell wachsen zu können. Sie wollen ein höheres Wohlstandsniveau erreichen, bevor ihre Alterspyramide zu teuer wird. Diese Länder werden deshalb länger brauchen, bis sie in Klimafragen Gegensteuer geben können. So rechnet China damit, dass das Land trotz Förderung der E-Autos erst im Jahr 2030 den Höhepunkt des CO2-Ausstosses erreichen wird. Ab dann will China die Emissionen schrittweise senken und 2060 die Pariser Ziele erreichen. In Entwicklungsländern dürfte dieser Prozess noch länger dauern.

In den Industriestaaten ist die Verfügbarkeit von genügend nicht-fossilen Energien das Problem. Das akzentuiert sich in Staaten wie Deutschland oder der Schweiz mit dem geplanten Atomausstieg. Gleichzeitig werden E-Autos, Schienenverkehre, Wärmepumpen (heizen, kühlen) und grüner Wasserstoff für LKW, Schiff und Flugzeug viel mehr Strom brauchen. Die wachsende Stromlücke soll mit Sonnen- und Windenergie geschlossen werden. Das bedingt einen Umbau der Stromnetze über lange Distanzen. In Industriestaaten wächst parallel der Widerstand der Bevölkerung gegen grosse Infrastrukturinvestitionen. Die Zukunft wird zeigen, ob diese Stromlücke ohne Atomkraft als Brückentechnologie geschlossen werden kann.
 

 

«zero emission» heisst die Zukunft vorwegnehmen 

Ich hoffe, Sie konnten einen Eindruck gewinnen, wie sich die Firma auf die Entwicklungen als Folge des Klimawandels vorbereitet. Mit neuen Konzepten zur Verlagerung von der Strasse auf den kombinierten Verkehr streben eine steigende Zahl von Kunden eine klimaschonende Logistik an. Dank unserer führenden Position im KV in Europa ergeben sich dadurch interessante Chancen für uns. Diese zu nutzen setzt grosse Investitionen voraus. So planen wir den Bau und die Erweiterung von KV-Terminals, in diesem Jahr den Ausbau des Terminal Rotterdam Botlek und Duisburg. Wir wollen in Zukunft auch weltweit mehr auf die klimaschonende Schiene setzen, etwa im Austausch mit China über die Seidenstrasse, in Russland und in den USA. Parallel optimieren wir auch unsere Infrastruktur. So ist es uns etwa in der Tankreinigung Birrfeld gelungen, durch Investitionen in Wärmerückgewinnung und weitere Optimierungen zwei Drittel der Heizenergie und des CO2-Ausstosses zu reduzieren. 

Die Dekarbonisierung – d.h. der Verzicht auf Öl – beim Antrieb von Transportmitteln auf der Strasse, dem Wasser und in der Luft wird ein Quantensprung sein. Schrittmacher wird der LKW sein. Bei Auslieferfahrzeugen in Städten dürfte der Elektro-Antrieb mit Batterien das Rennen machen. Bei schweren Transporten auf mittlere und weite Distanzen führen Batterien zu grossem Nutzlastverlust. Darum hat m.E. der Antrieb mit grünem Wasserstoff die Nase vorne. Seeschiffe und Flugzeuge folgen später. Wie schnell diese Entwicklung geht, hängt stark von den Rahmenbedingungen ab, die die Politik in den nächsten Jahren setzen wird. Wir warten nicht auf die Politik, sondern beginnen jetzt, die Zukunft vorwegzunehmen. Wir sind überzeugt, dass wir damit nicht nur etwas Gutes für das Klima und die Umwelt tun, sondern auch langfristig die Chancen für den Erfolg der Firma in den sich schnell verändernden Märkten verbessern.
 

 

 

 

Geschrieben von Hans-Jörg Bertschi, exekutiver Verwaltungsratspräsident der Bertschi Gruppe

June 29, 2021

 

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